Montag, 17. März 2014

Empfehlung für ein ungelesenes Buch: Ruth Ozeki "Geschichte für einen Augenblick"

Zu Weihnachten bekam ich ein "wir machen was"-Geschenk: eine Lesung im Rahmen der Lit.Cologne für den 17. März 2014. Ich hatte noch nie etwas von der Autorin gehört, kannte nur Suzanne von Borsody, die den Part der dt. Lesung übernehmen sollte.
Nun denn. Als ich mich heute Abend in die wunderschöne Kulturkirche setzte hatte ich immer noch keinen Plan, was auf mich zukommen würde. Als mir klar wurde, das Ruth Ozeki japanisch-amerikanische Autorin ist, dachte ich: es wird schon irgendwie, denn - japanische Literatur, Kultur, Kunst ist eher nicht so meine bevorzugte Richtung.
ABER -
es war ein wundervoller Abend. Und auch wenn ich das Buch (noch) nicht gelesen habe: ich möchte es jetzt schon jedem ans Herz legen, der etwas verwegene Plots, ungewöhnliche Erzählstränge und Perspektiven mag. Und eine Mischung aus Lebensweisheit und humoristischer Unterweisung. Ich habe so eine Ahnung, als könne das passen.

Suzanne von Borsody laß ganz wundervoll die ganz wundervollen Texte der ganz wundervollen Ruth Ozeki. Da Ruth englisch spricht gab es einen Moderator des Abends, der das angenehme Format des Wechsels zwischen Lesung und Autoreninterview mit Leben füllte. Bernhard Robben. Diese drei Menschen ergänzten sich und auf der Bühne entfalteten sich Welten. Die der Autorin Ruth, ihres Zeichens nicht nur Schriftstellerin sondern auch Filmemacherin udn Zen-Meisterin. Die der Hauptprotagonisitn Nao, einer 16jährigen, die einem unbekannten Leser über ihr Tagebuch die Geschichte ihrer 104jährigen Urgroßmutter erzählt (und damit auch ein wenig ihre Geschichte) und die der Romanfigur Ruth - einer Autorin, die an der amerikanischen Küste ein Bündel findet, in dem sich das Tagebuch eines Mädchens befindet.
"A Tale for a Time Being" - so der Originaltitel scheint eine sehr schräge, aber sehr unterhaltsame und auch humorvolle Geschichte zu sein. Sie verbindet Welten, Zeiten, Vergangenheit und Zukunft.
"Hi, my name is Nao. I am a time beeing." So der erste Satz, der heute Abend gelesen wurde. Und auch entfaltet in der Vielseitigkeit seiner Bedeutungen. Der japanische Name des Mädchens, Nao, hört sich an wie das englische Now - jetzt - und transportiert die Geschichte von Nao ins hier und jetzt. Bernhard Robben sorgte für ein sehr unterhaltsames Interview und fragte nach der Bedeutung von Time Beeing - es gibt kein wirklich passendes Wort im Deutschen. Und Ruth Ozeki erklärte (in unglaublich schönem Erzählschwung - so wie sich auch die Buchpassagen anhörten) vom Hintergrund. Es geht um Zeit und Sein. Nicht mehr und nicht weniger. Nao ist Zeit und ist Sein. Sie IST und ist jetzt, obwohl sie zur Zeit, als ihre Aufzeichnungen gelesen werden schon Vergangenheit ist. Ruth Ozeki scheint Heidegger zu mögen und die Quantentheorie, sie erzählt von der Idee von Parallelwelten und von Entscheidungen, die immer in beide Richtungen gefällt werden, in die eine Richtung im hier und jetzt und in die andere Richtung in einer anderen Wirklichkeit... Es ist wundervoll, wie Bernhard Robben die Ausführungen der Autorin, die wissenschaftlich-philosophisch anmuten und ihr tiefes Empfinden von Wirkung und Wirklichkeit vermitteln, mit Humor und Leichtigkeit übersetzt. Du warst nicht dabei? Wir furchtbar! Es war ein wirklich toller Abend. Und auch wenn ich nicht sofort nach der Lesung losgelaufen bin, um mir den Schmöcker zu kaufen, der gerade im S.Fischer Verlag erschienen ist, ich empfehle jedem der schöne, tiefsinnige Bücher mag, es zu tun! Ich warte derweil auf das Taschenbuch. Und bin mir sicher, dass ich nach diesem Abend dieses Buch nicht vergessen werde!
http://www.fischerverlage.de/autor/ruth_ozeki/15018
Ach ja - ich hoffe sehnlichst, dass Suzanne von Borsody für ein Hörbuch engagiert wird! Sie war einfach großartig!

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